Impfen und Herz

Impfen und Herz

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Das Thema „Impfen bei Herzkrankheiten“ ist von großer Relevanz – sowohl aus medizinisch-klinischer als auch aus gesundheitspolitischer Perspektive. Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland und weltweit, und Menschen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für schwere Verläufe bei bestimmten Infektionskrankheiten. Impfungen stellen hier eine der wirksamsten präventiven Maßnahmen dar, um Komplikationen, Hospitalisierungen und Todesfälle zu vermeiden.

Informationen auch auf der Website “Herz ist Impf” der Nationalen Herz-Allianz.


1. Bedeutung der Impfung bei Herzkrankheiten

Herzkranke Patienten – insbesondere solche mit koronarer Herzkrankheit (KHK), Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern oder nach einem Myokardinfarkt – sind durch Infektionskrankheiten wie Influenza, Pneumokokken oder COVID-19 in besonderem Maße gefährdet. Infektionen können:

  • akute Herzinsuffizienz auslösen oder verschlechtern,
  • ischämische Ereignisse wie Herzinfarkte begünstigen,
  • Herzrhythmusstörungen provozieren,
  • eine Hospitalisierung notwendig machen,
  • das Risiko einer kardialen Dekompensation erhöhen.

Pathophysiologischer Zusammenhang:

Infektionen führen zu systemischer Entzündung, erhöhter Gerinnungsneigung und erhöhtem myokardialem Sauerstoffverbrauch. All diese Faktoren sind bei kardiovaskulären Vorschädigungen besonders gefährlich.


2. Empfohlene Impfungen für Herzpatienten (STIKO-Empfehlungen, Stand 2024/25)

Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts empfiehlt für Patienten mit chronischen Herzerkrankungen explizit folgende Impfungen:

a) Influenza (Grippe)

  • Empfohlen jährlich ab dem 60. Lebensjahr, für chronisch Kranke jeden Alters.
  • Bei Herzpatienten ist die Influenza mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert.
  • Hochdosis-Impfstoff wird bei älteren Herzpatienten empfohlen.

b) Pneumokokken

  • Pneumokokken können eine bakterielle Lungenentzündung und Sepsis verursachen.
  • Impfung empfohlen bei allen Menschen mit chronischer Herzkrankheit.
  • Neu: konjugierte Impfstoffe (z. B. PCV20) bieten besseren Langzeitschutz.
  • Ggf. Wiederholungsimpfung nach STIKO-Zeitplan.

c) COVID-19

  • Für Patienten mit Herzkrankheiten, insbesondere solche mit Herzinsuffizienz oder nach Herzinfarkt, sind schwere COVID-19-Verläufe belegt.
  • Basisimmunisierung + regelmäßige Auffrischungen werden empfohlen, je nach Alter, Risiko und Immunstatus.
  • Auch 2024/25 empfiehlt die STIKO eine jährliche Auffrischimpfung im Herbst, insbesondere für vulnerable Gruppen.

d) RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus)

  • Neu verfügbar: RSV-Impfung für Senioren und Risikopatienten.
  • Besonders für Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz in Betracht zu ziehen.
  • Noch nicht von der STIKO standardmäßig empfohlen, aber in Fachgesellschaften zunehmend diskutiert.

e) Herpes Zoster (Gürtelrose)

  • Empfohlen ab 60 Jahren oder ab 50 Jahren mit chronischen Erkrankungen wie Herzkrankheiten.
  • Herpes Zoster kann zu erheblichen Komplikationen führen, auch kardiovaskulär.

3. Kardiologische Fachgesellschaften: Impfungen als Teil der Sekundärprävention

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), die European Society of Cardiology (ESC) und auch internationale Richtlinien (z. B. der American Heart Association, AHA) betonen, dass Impfungen Teil der kardiovaskulären Sekundärprävention sein sollten – ebenso wie Statine, Blutdruckkontrolle oder Rauchstopp.

Vorteile laut Studienlage:

  • Influenza-Impfung senkt das Risiko für Herzinfarkt um bis zu 45 % in den Wochen nach der Impfung.
  • COVID-19-Impfung reduziert kardiovaskuläre Komplikationen nach Infektion.
  • Pneumokokken-Impfung senkt Mortalität bei hospitalisierten kardiologischen Patienten.

4. Barrieren und Probleme in der Praxis

Trotz klarer Empfehlungen bleibt die Durchimpfungsrate unter Herzpatienten unzureichend:

  • Mangelndes Bewusstsein sowohl bei Patienten als auch bei Hausärzten und Kardiologen.
  • Fehlende Einbindung in die kardiologische Routineversorgung.
  • Impfungen werden oft nicht dokumentiert oder als Aufgabe des Hausarztes betrachtet.
  • Impfmythen und -skepsis erschweren die Akzeptanz, v. a. bei neuen Impfstoffen.

Lösungsansätze:

  • Impfberatung sollte fester Bestandteil kardiologischer Nachsorge sein.
  • Einführung eines digitalen Impfstatus im Rahmen der elektronischen Patientenakte (ePA).
  • Bessere Aufklärungskampagnen, v. a. in der kardiologischen Rehabilitation.

5. Fazit

Die Impfung bei Herzkrankheiten ist medizinisch hoch relevant und präventiv essenziell. Sie senkt nachweislich das Risiko schwerer Verläufe, kardiovaskulärer Ereignisse und Todesfälle. Die Integration der Impfberatung in die kardiologische Versorgung und eine klare Empfehlung durch medizinisches Fachpersonal sind unabdingbar, um diese präventive Maßnahme flächendeckend zu implementieren. Gerade vor dem Hintergrund demografischer Entwicklungen und zunehmender Multimorbidität ist eine impforientierte Herzmedizin ein Gebot der Zukunft.